Schnelles, unkompliziertes Abnehmen erfreut sich allgemeiner Beliebtheit. Doch der komplette Verzicht auf Nahrung ist im Alltag meist nur schwer umzusetzen. Neben Müdigkeit und Schwäche kann eine radikale Fastendiät auch ernsthafte Risiken wie Kreislauf- und Herzrhythmusstörungen, die Bildung von Nierensteinen, Muskelkrämpfe und Unterzuckerung mit sich bringen. Aktuell ist das Scheinfasten, als mildere Variante des klassischen Wasserfastens, in aller Munde. Und warum? Weil man hier tatsächlich etwas im Mund hat: Die „Fasting Minicking Dieat (FMD)“ erlaubt etwa 55% der normalen Kalorienzufuhr am ersten Tag und etwa 35% der normalen Kalorienzufuhr an den vier darauffolgenden Diät-Tagen. So soll der Körper in einer Art Fastenzustand gehalten werden, obwohl Essen erlaubt ist. Ohne also vollständig zu verzichten, soll von den gesundheitsfördernden Vorteilen des Fastens profitieren werden.

Aber ist das wirklich so einfach?

Nicht ganz! Neben der tatsächlichen Energiezufuhr kommt es beim Scheinfasten auch auf die Nahrungszusammensetzung an. Das bestätigt eine aktuelle Studie an Mäusen: Wissenschaftler untersuchten den Einfluss des Scheinfastens auf entzündliche Darmerkrankungen und stellten fest, dass die Nährstoffzusammensetzung selbst und nicht nur die Kalorienrestriktion ein wichtiger Regulator für mikrobielle und entzündungshemmende Veränderungen ist (Rangan et al., 2019). Auf den Speiseplan kommen daher ausschließlich pflanzliche Lebensmittel wie Salat, Gemüse, Nüsse, Olivenöl und Hülsenfrüchte. Tabu sind Zucker, weißer Reis, Brot und Pasta sowie alle tierischen Produkte.

Woher kommt der Trend?

Entwickelt wurde das Scheinfasten von dem italienischen Altersforscher Prof. Valter Longo, der an der University of Southern
„FMD“-Diät als milde Fasten-Alternative?
California in den USA lehrt und forscht. Mit seiner Arbeitsgruppe zeigte er in randomisierten klinischen Studien, dass durch das Scheinfasten biochemische Risikofaktoren reduziert werden, die mit dem Altern und Krankheiten in Verbindung gebracht werden. Scheinfasten stoppt das Altern und hilft gegen Übergewicht? – Prima! Aber was passiert im Körper? Studien am Menschen zeigten, dass sich Stoffwechselvorgänge ähnlich wie beim Wasserfasten verändern: Der Insulinspiegel bleibt niedrig (Valdemarin et al., 2021) und der Körper bezieht seine Energie aus der Ketose (Huang et al., 2021). Es wird eine positive Wirkung auf den Blutzucker und die Blutfette bei ungünstiger Stoffwechsellage vermutet. Bei stark übergewichtigen Menschen wurden die Reduktion des Körpergewichts, Hüftumfangs und des BMI beobachtet, jedoch auch ein Verlust an Muskelmasse (Brandhorst et al., 2015; Wei et al., 2017). Großes Aber: Bei nur leicht übergewichtigen Personen wurden keine Gewichtsveränderung gemessen.

Sind die positiven Effekte also bewiesen?

Auf Zellebene soll durch das Scheinfasten eine Umprogrammierung stattfinden, die zu einer Verbesserung des Stoffwechsels und möglicherweise zu einer verlängerten Lebenszeit führen könnte. Nur: Belegt werden konnte dies noch nicht. Positive Veränderungen bei verschiedenen Krankheiten wie Brustkrebs, Multipler Sklerose, Diabetes und entzündliche Darmerkrankungen wurden in einzelnen Studien an Mausmodellen festgestellt. Die Übertragbarkeit auf den Menschen muss jedoch noch erforscht werden. Bisher sind nur wenige Studien am Menschen bekannt und keine Studie beobachtete die Stoffwechselveränderungen am Menschen länger als 3 Monate. Außerdem wurden so gut wie alle Studien in Zusammenarbeit mit Dr. Longo durchgeführt, sodass es an unabhängigen Ergebnissen andere Arbeitsgruppen mangelt.

Kann das jeder ausprobieren?

Das Scheinfasten wird im Vergleich zum Wasserfasten als leichter durchführbar und risikoärmer eingeschätzt. Fest steht jedoch, dass ebenfalls Nebenwirkungen auftreten können (Francesca Valdemarin et al., 2021). Kindern, Jugendlichen, Schwangeren, Stillenden, Menschen mit Essstörung und Schwerkranken ist davon abzuraten. Menschen mit chronischen Erkrankungen, sollten vor dem Beginn einer Scheinfastenkur unbedingt mit Ihrem Arzt sprechen. Gerade zu Beginn des Scheinfastens können Symptome wie eine verminderte Leistungsfähigkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit, allgemeine Schwäche und Übelkeit auftreten. Grundsätzlich geht der Nahrungsverzicht oft mit einem erhöhten Harnsäurespiegel einher, was bei Gichtpatienten zu Anfällen führen kann.

Fazit:

Für Menschen, die langfristig ein paar Kilo abnehmen wollen, ist das Scheinfasten, wie alle Fastenmethoden, nicht geeignet. Isst man nach den 5 Diättagen wieder normal, stellt sich oft der Jo-Jo-Effekt ein. Sinnvoller ist es also sein Essverhalten langfristig umzustellen und sich regelmäßig zu bewegen.